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Skandal um Kinostart von ROMEOS

PF1041D_1(gayBrandenburg-Kult)  "This is my T - my testosterone" - hält ein ziemlich knuffiger junger Mann eine Spritze in seine Webcam nur, um sie anschließend ihrem Zweck zuzuführen. Die erste Szene in Sabine Bernardis neuem Film ROMEOS. Im Fokus steht Lukas, der aus der Provinz nach Köln kommt, frisch geoutet und nun fällig für den Zivildienst.

Doch gleich bei der Ankunft im Zivi-Wohnheim geht etwas schief und er landet als einziger Junge im Schwesternheim. Sehr zum Unverständnis der anwesenden Mitbewohnerinnen und zum erheblichen Unmut von Lukas.

Am 8.12. startete mit ROMEOS ein nicht-heterosexueller Film in den deutschen Kinos, dessen Vorschusslorbeeren kaum größer sein könnten. Und der neben der Berlinale durch unzählige Festivals im Land tourte, wobei er ein überwiegend begeistertes Publikum hinterließ. Die FSK sah das allerdings ganz anders...

Glücklicherweise hält im Schwesternheim Lukas beste Freundin Ine zu ihm und reißt ihn sofort mit ins exzessives Partyleben der schwul-lesbischen Domstadt . Unerwartet befindet sich Lukas inmitten eines neuen Freundeskreises und auch gleich seines ersten Flirts – mit dem draufgängerischen und äußerst attraktiven Fabio. Und der verkörpert alles, was Lukas fehlt: überproportionales Selbstvertrauen und hocherotisches Mannsein. Aus der anfänglichen Faszination der ungleichen Jungs für einander entwickelt sich mehr und mehr - bis Fabio hinter das Geheimnis von Lukas kommt, und nun alle gezwungen sind, etwas für ihre Gefühle zu riskieren...

Skandalurteil der FSK

Die Beurteilung der FSK (Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft) zum Kinostart von ROMEOS entpuppte sich allerdings als intellektuelles Armutszeugnis. Die FSK begründet ihre Altersfreigabe (ab 16 Jahre) damit, der Film behandle, Zitat: „ein schwieriges Thema, welches für die Jüngsten der beantragten Altersgruppe, die sich in diesem Alter in ihrer sexuellen Orientierungsphase befinden, sehr belastbar sein könnte“. Wie ist das gemeint? Verbietet die FSK auch Filme über heterosexuelle Jugendliche, die sich den Problemen der ersten Liebe widmen? Hat sich die FSK schon mal überlegt, welche Belastung die wiederholte Darstellung von vermeintlich normaler Heterosexualität für heranwachsende homo- oder bisexuelle Menschen hat?

romeos-derfilmIn der Begründung heißt es weiter: „die Schilderung einer völlig einseitigen Welt von Homosexualität im Film könnte hier zu einer Desorientierung in der sexuellen Selbstfindung führen.“ Die Qualifizierung des privaten Umfelds von Lesben, Schwulen und Transgender als „einseitige Welt von Homosexualität“ diffamiert eine ganze Bevölkerungsgruppe. Die sich daran anschließenden Behauptung, das im Film zu sehen, könne zu Desorientierung in der sexuellen Selbstfindung führen, bedient sich des Vorurteils, Homosexualität sei ansteckend oder könne gar durch das Betrachten von Bildern übertragen werden.

In diesem homosexuellenfeindlichen Tenor geht es weiter, etwa wenn die FSK schreibt, die "explizite Darstellung von schwulen und lesbischen Jugendlichen und deren häufiger Partnerwechsel können verwirrend auf junge Zuschauer wirken“. Wir sind schockiert, dass die FSK eine Umpolungsrhetorik benutzt, die wir sonst nur aus Kreisen fundamentalistischer Homosexuellenhasser kennen.

Wie wenig die FSK das Anliegen und die Nöte von homo- und transsexuellen Jugendlichen verstanden hat und wie wichtig solche Aufklärungsfilme sind, zeigt die Behauptung der FSK „der Film spiegele eine verzerrte Realität wieder“. Es ist wissenschaftlich vollkommen unumstritten, dass Homo- und Transsexualität ganze normale Spielarten von geschlechtlicher Orientierung und sexueller Identität sind, die in der Regel bereits in früher Kindheit festgelegt sind. Erst die ständige Tabuisierung und permanente Verleugnung lässt den Eindruck entstehen, diese Jugendlichen gehören nicht zum ganz normalen Alltag.

Nach heftigen Protesten, initiiert von der Regisseurin Sabine Bernardi und unterstütz sowohl von der Berlinale (ROMEOS lief im Panorama der Berlinale 2011) als auch vom LSVD, ruderte die FSK inzwischen zwar zurück und entschärfte die Beurteilung. Behielt die fragwürdige Altersfreigabe allerdings unverändert bei. Das ist, vorsichtig formuliert, ein sehr problematischer Vorgang. Erst recht angesichts der formalen Harmlosigkeit, die ROMEOS als Fernsehfilm darstellt. Zur Erinnerung: Beim heterosexuell ziemlich verbal-expliziten Film KEINOHRHASEN (2008) sprach die FSK zunächst eine Freigabe ab 6 Jahren aus, nur um sich infolge von Protesten und einer Nachprüfung neu festzulegen: KEINOHRHASEN und die Probleme von Anna & Ludos Oralverkehr wurden für Zuschauer ab 12 Jahren freigegeben. Die FSK hat sich mit der Posse um ROMEOS nun endgültig als ernst zu nehmende Institution disqualifiziert und gehört dringend abgeschafft.

Die Kollegen der Wiesbadener Filmbewertungsstelle (FBW) sahen ROMEOS hingegen völlig anders: "Die energiegeladene Atmosphäre wird von einer großartigen Kamera eingefangen und das gesamte Darstellerensemble ist exzellent. Ein berührender Film, der anderen Mut macht und ein großartiges Plädoyer für mehr Toleranz. Ein grandioser Film über Liebe, Freundschaft und ein ungewöhnliches sexuelles Erwachen. Deutscher Film, der wieder Spaß macht - gut gelaunt und schwärmerisch dazu. Absolut sehenswert!"  Prädikat 'WERTVOLL' - so die Prüfer von der FBW.

Begeisterte Pressestimmen 

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Die Filmkritik ist sich über ROMEOS erfreulich einig und hat einen durchweg guten Film gesehen:

"Der Film beschreibt auf eindrückliche Weise das schwierige Leben eines Transsexuellen." 3sat / Kulturzeit

"ROMEOS ragt durch seine narrative Form heraus, formal überzeugt der fein montierte Film nicht zuletzt wegen seiner klischeefreien Inszenierung Köln-Ehrenfelds, mit der sich die Macher den Ort perfekt zu Figuren und Atmosphäre modellieren." Schnitt

"Selten gelingt die Inspektion einer immer noch voyeuristisch beäugten Identitätskrise so unbeschwert wie in diesem körperbetonten, den Ausnahmezustand der Jugend feiernden Feel-Good-Movie." Film-Dienst

"Ein flotter, einfühlsamer Streifen, dessen saubere, aber eben auch unspektakuläre Machart nicht vom Inhalt ablenkt, der bereits anspruchsvoll und ungewöhnlich genug ist. Ziemlich gut!" ZITTY Berlin

"Warum dieser Film so »anders« ist? Bestimmt nicht, weil es um einen Transmann geht, sondern weil er den Schlaglöchern, mit denen der vorgebliche Anders-Dasein-Film so aufwartet, ein Schnippchen schlägt! Für die Romeos da draußen und all die, denen sie etwas bedeuten. Fight, fight!" INTRO

PF1041D_4"Optimistisch gezeichnet und unprätentiös. Die Regisseurin entwirft in ihrem ersten Langfilm eine Utopie von Akzeptanz. Glücklich - jeder nach seiner Facon - ohne Stress." Du & Ich

"ROMEOS ist kein Problemfilm. Stattdessen entwickelt Sabine Bernardi die Geschichte um Transmann Lukas mit Leichtfüßigkeit, aber immer auch Glaubwürdigkeit dem Thema gegenüber. Trotz aller Zuspitzungen behandelt der Film Transidentität nicht als etwas exotisches, sondern als Teil der Gesellschaft, deren Rollenvorstellungen mehr Humor ohnehin guttäte." Siegessäule

"Regisseurin Bernardi balanciert komische und ernste Szenen mit dem nötigen Fingerspitzengefühl aus. Eine Entdeckung ist auch Rick Okon, der den Betrachter in das Gefühlschaos seiner komplexen Figur hineinzieht. Denn ganz ehrlich: Wer hat sich nicht in einem gewissen Alter für seinen Körper geschämt, sich nach Akzeptanz gesehnt? Darin ist "Romeos" auch anders: in seiner Errungenschaft, zu zeigen, dass Transsexuelle so anders eben gar nicht sind." kulturnews.de

"Mit viel Humor und leisen Tönen werden die Nöte eines Transmanns thematisiert, der auch in der schwulen Szene Kölns mit so allerhand Vorurteilen und sexistischem Gehabe zu kämpfen hat." Cinearte

"Ganz unaufdringlich wird festgehalten, dass es eben zuerst doch immer um den Menschen an sich geht, nicht um irgendwelche Definitionen, mit denen die Person belegt werden könnte." negativ-film.de

"Wohl einer der schönsten deutschen Liebesfilme." lesbische-schwule Filmtage Hamburg

ROMEOS
Deutschland, 2011
94 Minuten
Regie & Buch: Sabine Bernardi
Kamera: Moritz Schultheiß
Schnitt: Renata Salazar Ivancan
Darsteller: Rick Okon, Maximilian Befort, Liv Lisa Fries, Felix Brocke, Silke Geertz
Verleih: Pro-Fun

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